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Zeitmanagement mit Pac-Man:
Unterbrechungen positiv nutzen

26.04.2023
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Wie kann Unternehmensführung nach­haltiger werden? In unseren Exper­ten­tipps beschreiben wir einen der wichtig­sten Faktoren dafür, ein überzeu­gen­des Employ­er Brand­ing. Daneben stellen wir in unser­er Zukun­ft-Reihe in loser Folge ungewöhn­liche Ansätze von „Good Gover­nance“ vor, z. B. den CEO-Day. Heute nun geht es um eine Idee, die auf den ersten Blick exotisch wirkt – und dennoch einen wertvollen Denkanstoß liefert: Zeit­man­age­ment im „Pac-Man“-Modus macht aus Unter­brechun­gen Erfolgspotenziale!

Zeit­man­age­ment – wichtiger denn je

Seit dem Abklin­gen der Pandemie hat das Arbeit­sleben gewaltig Fahrt aufgenom­men, selb­st dort, wo die Konjunk­tur schwächelt. „Mehr Geschwindigkeit, mehr Projek­te, mehr Komplex­ität und zu wenig Person­al, all das zu stem­men“ ist der mehrheitliche Tenor von rund 1.000 befragten Entscheider*innen im neusten Hays HR-Report1.

So ist es kein Wunder, dass gutes Zeit­man­age­ment heute eine Kerndiszi­plin im Arbeit­sleben ist. Durch­dachte Arbeitsabläufe und klug gewählte Pausen sollen opti­male Produk­tiv­ität ermöglichen. Das gilt erst recht für Führungskräfte, die eher selb­st­bes­timmt arbeit­en, sich aber auch selb­st organ­isieren müssen.

Einer der größten Zeiträu­ber sind dabei Unter­brechun­gen. So hat eine Studie der Univer­si­ty of Cali­for­nia und der Humboldt-Univer­sität heraus­ge­fun­den, dass es nach einer Unter­brechung ca. 23 Minuten dauert, bis Arbei­t­ende sich wieder voll­ständig auf die unter­broch­ene Aufgabe konzen­tri­eren können2. Selb­st geplante und notwendi­ge Aufgaben­wech­sel ziehen solche Verzögerun­gen nach sich. Um wenig­stens in solchen Fällen den Zeitver­lust mini­mal zu halten, empfehlen Zeit­man­age­ment-Train­er, den Arbeit­stag möglichst in zusam­men­hän­gende Aufgaben­blöcke einzuteilen. Wer schon von sich aus längere Zeit im selben Thema oder Arbeitsmodus bleibt, wird insge­samt weniger Zeit verlieren als jemand, der ständig zwis­chen ganz unter­schiedlichen Themen wechselt.

Unter­brechung ist nicht gleich Unterbrechung

Zu manchen Aufgaben gehören Unter­brechun­gen einfach dazu. Wenn ein Team­pro­jekt in eine heiße Phase eintritt, sollte die Team­leitung auch spon­tan erre­ich­bar sein. Ähnlich­es gilt beim Onboard­ing neuer Mitar­bei­t­en­der. Daneben gibt es jedoch all die unge­woll­ten Unter­brechun­gen – das klin­gel­nde Tele­fon, die drin­gende E‑Mail, die kurze Frage unter der Tür. Wer die zahllosen Tipps und Ratge­ber zum Zeit­man­age­ment über­fliegt, gewin­nt leicht den Eindruck, dass solche Unter­brechun­gen auss­chließlich nega­tive Effek­te haben. Der Rat ist meist, sie so weit wie möglich zu unterbinden.

Ein revo­lu­tionär­er Denkansatz aus der Spieltheorie

Der Philoso­phiepro­fes­sor und Strate­gieber­ater Jordan Shapiro geht einen anderen Weg3. Er setzt dabei auf Erken­nt­nisse aus der Spielthe­o­rie. Wer ohne Unter­brechun­gen ein Ziel verfol­gt, erlebt keine Momente des Innehal­tens. Es fehlen Anstöße zu Reflex­ion und Selbstkontrolle:

Man denkt, man wolle Ruhe haben, aber das stimmt nicht. Ein genauer Blick auf Pac-Man zeigt uns, dass Ablenkun­gen und Unter­brechun­gen ein wesentlich­er Faktor für Erfolg und Produk­tiv­ität sind. Pac-Man kann wie ein Lehrstück über das Verhält­nis von Zeit­man­age­ment und Glück verstanden werden. [Zitat über­set­zt aus dem Englischen]

Pac-Man war 1980 eines der ersten Comput­er­spiele und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Für die Spielthe­o­rie wichtig ist dabei die Kombi­na­tion zweier grundle­gen­der Funk­tio­nen: Hindernissen (vier Geis­tern) auszuwe­ichen und Beloh­nungspunk­te zu sammeln. Das Beson­dere an den vier Geis­tern ist, dass sie ein unter­schiedlich­es und schw­er kalkulier­bares Verhal­ten zeigen.

Was kann Zeit­man­age­ment von Pac-Man lernen?

Shapiro fasst seine Beobach­tun­gen in drei Thesen zusammen:

  • Unter­brechun­gen bedeuten Spon­taneität. Man sollte mit ihnen rech­nen und sie als einen Anlass sehen, eine gewohnte Routine zu verlassen und über neue Wege nachzudenken.
  • Unter­brechun­gen brin­gen großar­tige Ideen hervor. Für Shapiro lassen sich wirk­lich große Ideen nicht erzwin­gen. Echte Kreativ­ität kommt für ihn aus dem unkalkulier­baren Flug der Gedanken nach einer Ablenkung.
  • Unter­brechun­gen sind unter­schiedlich und haben jeweils eigene Merk­male. Daher können verschiedene Unter­brechun­gen Denkanstöße in verschiedene Rich­tun­gen liefern.

Was Shapiro dabei impliz­it auch zeigt, ist ein typisch US-amerikanis­ches, posi­tives Denken – oder anders gesagt: Es bringt uns nichts, Unter­brechun­gen nur als Ärger­nis zu begreifen. Wer sie dage­gen von vorn­here­in als Chance verste­ht, kann eini­gen Nutzen aus ihnen ziehen.

1 HAYS HR-Report 2022: „Organ­i­sa­tio­nen unter Druck. Zu wenig Zeit, Geld, Person­al — wie die Pandemie den Kampf um knappe Ressourcen beeinflusst.“

2 Gloria Mark (Depart­ment of Infor­mat­ics, Univer­si­ty of Cali­for­nia, Irvine), Daniela Gudith und Ulrich Klocke (Insti­tut für Psycholo­gie, Humboldt Univer­sität, Berlin): „The Cost of Inter­rupt­ed Work: More Speed and Stress“, Irvine/Berlin 2018

3 Jordan Shapiro: „Against Tran­quil­i­ty! Pac-Man, Time Manage­ment, and Distrac­tions.“, Forbes Maga­zine, 21.11.2012