Rechenzentren sind zu einem Symbol des KI-Zeitalters geworden – als heute unverzichtbares Rückgrat der digitalen Transformation. Der Ausbau dieses Typs Infrastruktur-Immobilien stärkt nicht nur die Zukunftsfähigkeit unseres Landes: Sie bieten auch Chancen für Immobilienentwicklung und ‑investitionen. Doch wie gelingt es, solche Projekte so zu gestalten, dass sie sich gut in ihre soziale Umgebung einfügen – insbesondere mit Blick auf Nachhaltigkeit und Standortverträglichkeit? In diesem Valdivia Expertentipp zeigen wir, mit welchen Merkmalen und Argumenten Rechenzentren als Bereicherung wahrgenommen werden können.
Deutschland als führender Standort
Kommerzielle Rechenzentren sind das Tragwerk unserer digitalen Welt: Cloud-Computing braucht Orte für seine Cloud; künstliche Intelligenz braucht „Gehirne“; die Sozialen Medien brauchen Plattformen für die Daten von Milliarden Nutzer:innen. Mittlerweile hat Deutschland mit dieser Infrastruktur einen Podestplatz erreicht:
- In Europa ist Deutschland führend bei Anzahl und Kapazität der Rechenzentren1/2; weltweit vor UK und China auf dem zweiten Rang2.
- Frankfurt am Main zählt zu den globalen Top-Ten-Standorten – als einziger in der EU3.
- Weiteres Wachstums ist in Sicht: 2024 planten 71 % der Betreiber Erweiterungen, davon fast zwei Drittel mit Investitionen von erheblichem Umfang4.
Solche Leistungen stärken das Selbstbewusstsein und die Motivation für den weiteren Ausbau. Doch mit dem Wachstum wächst auch die Verantwortung: Die Verträglichkeit für Umwelt und Standorte sollte ausreichend berücksichtigt werden. Dann haben Rechenzentren eine Chance, als gute Nachbarn akzeptiert beziehungsweise in vertretbarer Zeit realisiert zu werden.
Ideen für den Klimaschutz
Vor allem Nachhaltigkeit und Energieeffizienz der Rechenzentren werden häufig kritisiert. Viele Betreiber haben auch bereits Wege zur Abhilfe gesucht oder planen dies bis 20265:
- Recycling der Hardware – 71 %
- Standortnahe Energieerzeugung – 44 %
- Batteriespeicher zur Netzstabilisierung – 34 %
- Energie- und Umweltmanagementsysteme – 27 %
- Kraft-Wärme-Kopplung, Abwärmenutzung – 23 %
- Flüssige Kühlkreisläufe – 10 %
- Wasserstoff-Generatoren – 8 %
Die Liste spiegelt nicht nur ein steigendes Verantwortungsbewusstsein; sie zeigt auch das Spektrum der möglichen Maßnahmen. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass die Digitalisierung insgesamt auch CO2-Emissionen spart, etwa durch den Ersatz von Dienstreisen und Fahrten zum Arbeitsplatz durch Videokonferenzen, Online-Zusammenarbeit und Homeoffice. Größere Rechenzentren können zudem ihrer Kommune quasi als zusätzliches Wärmekraftwerk einen echten Zweitnutzen zu bieten.
Mitgedachte Nachhaltigkeit
Rechenzentren können sich auf ganz verschiedene Weise nachhaltiger präsentieren und damit ihre Akzeptanz stärken. Die großen Dachflächen bieten sich für Photovoltaik, Bepflanzung, vielleicht sogar als öffentliche Dachgärten mit Sommerlounge an. Auch die oft großflächig blinden Fassaden lassen sich begrünen; über die Vorteile für Klima und Gebäude hatten wir kürzlich berichtet.
Nachhaltigkeit kann aber auch in der Architektur selbst zum Ausdruck kommen. So plant Microsoft Rechenzentren aus Holz; ein erster Versuch entsteht zurzeit in der Nähe von Washington DC. Deutlich weiter gehen Entwürfe, wie sie das DataCentre Magazine im November 2023 vorstellte: mit Architekturen, die sich harmonisch in Natur und Landschaft einfügen oder mit einem futuristischen Design Akzente setzen. Solche Entwürfe fördern – ganz im Sinne der ESG-Ziele der Vereinten Nationen – auch die soziale Nachhaltigkeit. Ein gutes Beispiel für ganzheitlich gedachte Nachhaltigkeit sind die inklusiven Akquinet Rechenzentren in Hamburg, Norderstedt und Itzehoe: Sie erfüllen nicht nur hohe Klimaschutzstandards, sondern sie sind auch gezielt für Mitarbeitende mit Behinderung ausgelegt.
Stärkung für den Standort
Vorteile können Rechenzentren auch für ihre Standorte entfalten – und dies nicht nur als Arbeitgeber oder Steuerzahler:
- Besonders die Kategorie der Edge-Rechenzentren ist bietet Vorteile für ihre direkte Nachbarschaft. Kleiner ausgelegt als die üblichen Großanlagen, ermöglichen sie eine schnellere Datenverarbeitung und geringere Latenzzeiten – ein Vorteil insbesondere für Echtzeit-Anwendungen.
- Generell stärken Rechenzentren die Zukunftschancen einer Region, denn sie bilden ein wichtiges Element im Ökosystem für Startups und damit auch für neue Arbeitsplätze. Digitale und hybride Geschäftsmodelle waren schon 2023 die Grundlage von 92 % aller Startups6 – mit entsprechendem Bedarf an Rechenleistung bzw. Datenspeicherung.
Natürlich sind für eine lebendige Startup-Szene weitere Faktoren notwendig wie etwa Geldgeber oder eine Vernetzung mit Forschungseinrichtungen. Doch mit dezentralen Rechenzentren und flexiblem Büroraum sind eben auch Immobilienentwickler und ‑investoren angesprochen. Mit einem zeitgemäßen, nachhaltigen Design des Projekts sollte es dann nicht mehr schwer sein, neue Standorte zu finden und die Menschen im Umfeld zu überzeugen.
Quellen
- „Cloudscene Coverage Map“, Cloudscene, Februar 2024
- „Global Data Center Market Statistics“, Brightlio, März 2025
- „Die 50 weltweit leistungsstärksten Rechenzentrumsmärkte“, Datacenter Insider 2024
- „Rechenzentren in Deutschland: Aktuelle Marktentwicklungen, Bitkom/Borderstep September 2024
- „Data Center Impact Report Deutschland“, German Datacenter Association e.V., März 2024
- „Deutscher Startup Monitor 2023“, Bundesverband Deutsche Startups / PricewaterhouseCoopers, September 2023
(Bildquelle: istockphotos)