Wie kann man heute Büroflächen vermarkten? Noch bis in die 2010er Jahre hinein hatten die meisten Käufer und Mieter ähnliche Anforderungen. Dann kamen die Start-ups, New Work, Homeoffice, ESG und zuletzt die Immobilienkrise. Wünsche und Anforderungen vervielfachten sich. Zugleich wuchsen die Leerstände – auf heute über 5,8 Millionen Quadratmeter allein in den sieben Top-Städten1. In unserer Newsroom-Reihe Expertentipp: Immobilienvermarktung stellen wir Ihnen nun einige Lösungen vor … vielleicht auch eine, an die Sie bisher noch nicht gedacht haben.
3 Trends, die Hoffnung machen
Selbst in der aktuell schwierigen Zeit gibt es zumindest in einigen Segmenten eine gewisse Nachfrage nach Büroraum:
- Kleinere Unternehmen
Die aktuell aktivste Mieterzielgruppe sind laut einer CBRE-Studie2 kleinere, wirtschaftlich gesunde Unternehmen. Durch ihre Größe und flachen Hierarchien finden sie leichter die benötigten Lösungen. Ferner ist der finanzielle Aufwand für Flächen ab 500 Quadratmetern noch überschaubar, so dass auch in unsicheren Zeiten leichter eine Entscheidung fällt.
- Hybrides Arbeiten
Remote-Arbeit ist für viele Unternehmen nur noch ein zeitlich begrenzter Baustein: Der Trend geht klar zum hybriden Arbeiten, wie eine aktuelle JLL-Studie3 zeigt – und damit zu einer zumindest zeitweisen Rückkehr ins Büro. 35 % der Beschäftigten sind heute wieder an 5 Wochentagen im Betrieb, 45 % an 3–4 Tagen und 18 % an 1–2 Tagen.
- Lagen mit Lebensqualität
In einem weiteren Trend spiegelt sich eine allgemeine Entwicklung: Mittlere Großstädte zwischen 200 und 500 Tsd. Einwohnern wachsen nicht nur allgemein in ihrer Beliebtheit4. Hier sind auch die Chancen für eine Bürovermietung besser, wie das Beispiel Nürnberg zeigt5.
Ganzheitliche ESG-Betrachtung als Chance
Gute Energieeffizienz ist heute eine Grundanforderung von Käufern und Mietern. Manche Gebäude gehen sogar schon darüber hinaus und besitzen eigene Kapazitäten zur Erzeugung von Strom und Wärme. Doch solche energetischen Merkmale werden absehbar zum Standard. Wirksamere Vermarktungsargumente sind daher weitergehende Ausstattungen, die alle drei ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales, gute Führung) gleichermaßen adressieren – wie etwa:
- Parkplätze mit Ladestation für E‑Autos
- ausreichend große, leicht zugängliche Fahrrad-Garagen
- Begrünung von Flachdächern, Nutzung als Sport- und Freizeitfläche (bei ausreichender Tragfähigkeit auch im Bestand)
- Räume für eine Kita, ggf. als Gemeinschaftseinrichtung auch für benachbarte Betriebe
- eine digitale Gebäude-Steuerung, die auch Sicherheitssysteme einschließt
Konzernfeeling für Kleinunternehmen
Bessere Nachhaltigkeit – durch gemeinschaftliche Ressourcennutzung – charakterisiert auch den nächsten Vermarktungsansatz: die Einrichtung als Mietbüros und Co-Working-Spaces. Dazu bieten heute Franchise-Unternehmen Eigentümern, Projektentwicklern und Investoren umfangreiche Unterstützung bei der Entwicklung und Vermarktung. Ein aktueller Trend bei Workspace-Objekten geht übrigens zu kleineren Einheiten in Lagen außerhalb der Metropolen: Ihr Vorteil sind die Wohnortnähe und kurze Pendelzeiten für die Beschäftigten.
Für die Mieter – meist Selbstständige, kleine Betriebe oder Niederlassungen – hat das Modell große Vorteile. Die gemeinsame Nutzung von Empfang, Konfis, Cafeteria und Gebäudemanagement senkt nicht nur die Kosten; wesentlich ist auch die Entlastung von den administrativen Aufgaben, die mit dem Betrieb zusammenhängen.
Mit alternativen Wohnformen Stärken nutzen
Schwer vermietbare Büroflächen in Wohnraum umzuwandeln, ist an sich keine neue Idee. Interessant sind jedoch einige Trends, bei denen Büroimmobilien durch ihre typischen, offenen Architekturen im Vorteil sind. So lassen sich gezielt Angebote für neuartige Wohnformen und Lebensmodelle schaffen, für die der klassische Wohnungsmarkt kaum Lösungen bietet:
- Mikrowohnen für die Generation Z
Was einst in Tokio mit Kapselwohnungen begann, stößt heute bei der auf Beweglichkeit und Nachhaltigkeit bedachten Generation Z auf breites Interesse. Remote-Arbeit in wechselnden, attraktiven Metropolen oder das Pendeln zwischen entfernten Orten sind Ausdruck neuer Lebensmodelle, die persönliche Entfaltung und Flexibilität in den Mittelpunkt stellen. Zielgruppen sind Studierende und junge Berufstätige, die Minimalismus als Lebensgefühl schätzen und sich gerne auf wenigen Quadratmetern einrichten.
- Serviced Apartments
Auf zahlungskräftigere Mieter:innen zielen Kleinwohnungen mit Haushaltsservice. Dieses Modell spricht neben gutverdienenden Young Professionals auch eine weitere wichtige Zielgruppe an: Beim betreuten oder Servicewohnen geht der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) laut Immobilienmanager davon aus, dass rund 10 % der über 70-jährigen Senior:innen diese Wohnform bevorzugen. Bereits heute fehlen dazu 550.000 Wohneinheiten. Gleichzeitig bieten viele ältere Bürogebäude eine vorteilhafte Lage für diese Zielgruppe: ruhig, am Stadtrand und mit guten Einkaufsmöglichkeiten im umliegenden Gewerbegebiet.
- Wohnen in Gemeinschaft
Wohngemeinschaften sind für junge und immer öfter auch für ältere Menschen eine reizvolle Lösung. Viele Gemeinschaften finden jedoch kaum geeignete Räume. Selbst in Großwohnungen sind die meisten Nebenzimmer oft zu klein, um allen Bewohnern einen ausreichenden Privatraum zu bieten. Offene Büroflächen sind dagegen ideal, um für Gruppenwohnungen großzügige Gemeinschafts- und Privatbereiche zu planen.
Win-Win mit Firmenwohnungen
Lange Zeit waren Firmenwohnungen praktisch vom Markt verschwunden. Inzwischen haben jedoch einige Konzerne wie die Deutsche Bahn, Siemens und Volkswagen begonnen, dieses Modell wiederzubeleben. Die Idee birgt viel Potenzial auch für ungenutzte Büroflächen:
- Es entsteht nicht nur dringend benötigter Wohnraum. Zur Ansprache fehlender Fachkräfte ist das Angebot einer günstigen Wohnung als „Bonus“ fast unschlagbar, denn Firmen dürfen ihren Angestellten Mieten anbieten, die bis zu einem Drittel unter den marktüblichen Konditionen liegen.
- Bei Umwandlung eigener Flächen bleiben Gebäude und Grundstück im Bestand erhalten.
- Last not least gewähren manche Kommunen eine spezielle Förderung für Firmenwohnungen – immerhin stärkt dies auch den Standort und die Steuereinnahmen.
Nicht jeder Leerstand wird sich mit den beschriebenen Mitteln beseitigen lassen. Gemeinsam zeigen die Beispiele jedoch eines: Es gibt Lösungen, doch die liegen oft außerhalb der gewohnten Bahnen. Daher ist dieser Beitrag auch als Anregung gemeint, selbst neue Trends zu entdecken und eigene, innovative Ideen zu entwickeln. Wir wünschen viel Erfolg!
1 Colliers: City Survey Q4 2023 für die Top-Städte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/M, Hamburg, Köln, München, Stuttgart
2 CBRE Research: Überregionales Büroinvestment Figures H2 2023
3 Johns Lang Lasalle: Is hybrid really working?, Dezember 2023 – Download
4 Wirtschaftswoche: Städteranking 2023 – Die zehn besten Städte Deutschlands, 21.11.23
5 Immobilienmanager: Büromarkt Nürnberg, 24.01.24
(Bildquelle: istockphotos)