Besonders im Baugewerbe ist Mitarbeiterbindung wichtiger denn je: Aktuelle Zahlen1 belegen, dass in dieser Branche offene Stellen am längsten vakant bleiben. Viele Instrumente zur Mitarbeiterbindung sind jedoch teuer – zu teuer vor allem für mittlere und kleine Unternehmen. Umso wichtiger ist die erfolgreiche Kommunikation des Möglichen … das oft nicht einmal große Kosten verursacht. Daher wollen wir diesmal in den Valdivia Expertentipps vertiefen, was wir bereits in Folge 3 der Reihe angesprochen haben: Gut gemeinte Worte allein reichen nicht. Sie müssen sich auch in Taten widerspiegeln.
Mitarbeiterbindung – fast – zum Nulltarif
Nicht jedes Unternehmen kann sich ein Füllhorn verlockender Extras leisten, um Mitarbeitende an sich zu binden. Laut einer aktuellen Hays-Studie2 kommt es darauf auch gar nicht an: Noch vor angemessener Entlohnung oder flexiblen Arbeitszeiten ist das Betriebsklima der wichtigste Faktor zur Mitarbeiterbindung – also eine positive, kooperative Stimmung in Ihrem Unternehmen.
Die Studie nennt auch die wichtigsten Verhaltensweisen, mit denen die Geschäftsführung dies fördern kann: Ganz vorne stehen die Anerkennung von Leistung (73 %), ein fairer Umgang (61 %) und, sich für die Mitarbeitenden Zeit zu nehmen (54 %), gefolgt von einem regelmäßigen Feedback (44 %) und dem Abbau hierarchischer Hürden (32 %).
Aufrichtigkeit als Faktor Nr. 1
Anerkennung, Fairness, Feedback – all dies vereint sich im Begriff einer aufrichtigen, persönlichen Wertschätzung. Wie wir schon in dem früheren Beitrag geschildert haben, kommt ein Lob am besten an, wenn Sie es spezifizieren und begründen: „Ihre Idee zu X hat uns wirklich weitergebracht! Sehr gut gemacht!“ Weitere Wertschätzungssignale sind zum Beispiel:
- Zuhören und mitreden lassen statt Geschenke verteilen
Sicher haben die meisten Mitarbeitenden eine Vorstellung davon, wie ihr Arbeitsleben attraktiver werden könnte. Der Erfolg solcher Wohltaten kommt jedoch nicht davon, dass alle sich etwas wünschen und der Chef dann die Geschenke verteilt. Echte Mitarbeiterbindung erreichen Sie, wenn Sie die Mitarbeitenden verantwortlich in die Entwicklung und Umsetzung einbinden, z. B. durch Runde Tische, Workshops oder Bar Camps. Das Ziel ist eine Gemeinschaft, die sich selbst motiviert. Gleichzeitig erkennen die Beteiligten die Grenzen des Machbaren in Ihrem Unternehmen. So erreichen Sie eine breite Akzeptanz der Maßnahmen und zeigen zugleich aufrichtige Wertschätzung.
- Unvermeidliche Härten offen eingestehen
Das Arbeitsleben ist nicht immer angenehm; manche „Pain Points“ sind unvermeidbar. Die meisten Menschen kennen jedoch die Grundbedingungen ihres Berufs und akzeptieren das Unvermeidliche, wenn es nicht durch vermeidbare Erschwernisse verschärft wird. Daher sollten Sie auch nicht versuchen, solche Punkte zu ignorieren oder gar mit unhaltbaren Versprechen zu überdecken. Sprechen Sie unvermeidliche Härten und die Grenzen Ihrer Möglichkeiten offen an – nach innen wie nach außen.
- Die innere Haltung der Mitarbeitenden fördern
An Geschenke gewöhnt man sich. Darum verlieren viele gut gemeinte Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung nach gewisser Zeit ihre Wirkung. Weit wirksamer ist es dagegen, die innere Verbundenheit zu fördern. Dies kann z. B. durch ein geregeltes Vorschlagswesen mit Boni auch für kleinere Verbesserungen geschehen oder durch Aktionen, die gezielt den Gemeinsinn der Belegschaft fördern – beispielsweise ein Schwarzes Brett im Intranet für gemeinschaftliche Unternehmungen und Hilfen („Wer hat Lust auf eine gemeinsame Radtour nach …?“ oder „Wer hilft mir am kommenden Samstag bei …?“).
- Kündigungen als Chance betrachten
Für Kündigungen gibt es viele Gründe – und oft die Illusion, dass es anderswo besser ist. Zeigen Sie Verständnis, wenn jemand kündigt. Lassen Sie sich offen die Gründe nennen: Oft sind darin Anregungen zu Verbesserungen enthalten. Manchmal folgen daraus interessante Geschäftsbeziehungen, wenn sich z. B. jemand selbstständig macht. Und bieten Sie last not least eine mögliche Rückkehr an. Denn „anderswo“ ist es oft keineswegs besser …
Mit solchen Instrumenten in Ihrem Werkzeugkoffer wird aus dem Versprechen von Aufrichtigkeit und respektvollem Umgang ein echter Faktor zur Mitarbeiterbindung in Ihrer Arbeitgebermarke. Damit besteht Führung auch keineswegs in beständigem Drängen und Kontrollieren, sondern darin, für die Mitarbeiter*innen ein zeitgemäßes, motivierendes Umfeld zu schaffen. Dann werden sie – ganz von alleine – gerne und dauerhaft ihre besten Leistungen abrufen und sich Ihrem Unternehmen weit stärker verbunden fühlen.
1 Bundesagentur für Arbeit: Gemeldete Arbeitsstellen, September 2023
2 Hays HR-Report 2023 „Mitarbeiterbindung“
(Bildquelle: new office GmbH; Daniel Bauer, Valdivia Consulting GmbH)