Wie sozial sind Ihre Wohnimmobilien? Eine berechtigte Frage – immerhin hat Wohnen eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Besonders wenn ausreichender Wohnraum fehlt, steigt die Bedeutung spürbar1/2. Dennoch herrscht oft Unklarheit, nach welchen Kriterien sich der soziale Wohnwert bestimmen lässt. Eine Untersuchung von PricewaterhouseCoopers PwC in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. bietet Antworten3. Mit diesem Valdivia Expertentipp stellen wir Ihnen die wichtigsten Ergebnisse vor – und damit gute Argumente, um Ihre Neubau- oder Sanierungsprojekte als sozial nachhaltig zu vermarkten.
Soziale Nachhaltigkeit bei Wohnimmobilien
Die Frage nach dem sozialen Wohnwert stellt sich nicht erst, seit die Vereinten Nationen soziale Nachhaltigkeitsziele festgelegt haben. So zeigt die PwC-Studie, dass die Mehrzahl der befragten Unternehmen soziale Merkmale längst berücksichtigt. Dies gilt für Baumaßnahmen ebenso wie bei der Kalkulation der Mietpreise und für Entscheidungen zu An- und Verkauf. Kaum bekannt oder fehlend sind jedoch klare Kriterien, die diesen sozialen Wert im Sinne nachhaltiger Immobilienqualität bestimmbar und damit auch argumentierbar machen könnten.
Im ersten Schritt untersucht die Studie, welche der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele (jeweils in Klammern) sich direkt oder mittelbar auf die Sozialfaktoren des Wohnens anwenden lassen:
- Bezahlbares, sicheres Wohnen
drückt sich aus in „keine Armut“ (1) und „weniger Ungleichheiten“ (10).
- Lebensqualität
B. durch Grünflächen am Haus oder auf Dächern spiegelt sich in „Gesundheit und Wohlergehen“ (3) und „Leben an Land“ (15).
- Gesellschaftliche Verträglichkeit
ist in „nachhaltige Gestaltung von Städten und Gemeinden“ (11) enthalten. Einen Teilaspekt, das Farming 2.0 für Bauprojekte, hatten wir bereits im Newsroom vorgestellt.
- Nachhaltige Infrastruktur
B. bei Mobilität (Fahrradfreundlichkeit, ÖPNV-Zugang) und Müllentsorgung ergibt sich aus „Nachhaltigkeit in Konsum und Produktion“ (12).
24 Faktoren für den sozialen Wohnwert
Im nächsten Schritt leitet die PwC-Studie aus den UN-Zielen 24 Einzelfaktoren in fünf Kategorien ab, die zum sozialen Wohnwert beitragen. Für jeden dieser Faktoren untersucht die Studie auch die Gewichtung, die ihnen die befragten 18 Wohnungsunternehmen zumessen:
1 — Höhe der Miete
Erstaunlicherweise erreicht eine „Kaltmiete unterhalb des Marktdurchschnitts“ nur einen mittleren Wert von 50 % für „wichtig“ bzw. „sehr wichtig“ (auch im Folgenden jeweils zusammengefasst).
2 – Quartiersqualität
In der zweiten Kategorie zeigen sich unterschiedliche Ergebnisse. So beurteilten die Befragten eine Paketabholstation als kaum relevant (11 %); auch Schnellladesäulen (34 %) und Pflegestützpunkten (22 %) käme keine größere Bedeutung zu. Wichtiger erscheinen Betreuungsangebote (50 %), besonders für Kinder, sowie vor allem Grün- und Freiflächen im Quartier (55 %).
3 – Gemeinschaft
Diese Kategorie umfasst zwei Faktoren, die für eine soziale Integration der Bewohner:innen in der Nachbarschaft stehen: Angebote für gemeinsame Veranstaltungen erreichen einen geringeren Wert (34 %). Von höherem Interesse (50 %) sind dagegen generationsgerechte Flächen vom Kinderspiel- und Bolzplatz bis zur Boule-Anlage – wozu man wohl auch (in der Studie nicht erwähnte) Gemeinschaftsgärten und kleine Gastronomiebetriebe als soziale Treffpunkte rechnen kann.
4 – Wohnqualität
Es liegt nahe, dass diese Kategorie die meisten Einzelfaktoren umfasst; hier nach ihrer Gewichtung geordnet:
- Barrierefreier Zugang zum Objekt (83 %)
- Ausreichende Anzahl an Fahrradstellplätzen (72 %)
- Ausreichende Anzahl an Stellplätzen für Kinderwagen (72 %)
- Barrierearme Mietflächen (61 %)
- Privat nutzbare Außenflächen (61 %)
- Gemeinsam nutzbare Grünflächen (56 %)
- Nutzerfreundliche Einrichtungen zur Müllsammlung und ‑trennung (55 %)
- Ausreichende Anzahl an Stellplätzen für Rollstühle und Rollatoren (50 %)
- Ästhetisches Design in öffentlichen Bereichen (34 %)
- Ansprechende Gestaltung der Treppenhäuser (28 %)
Dabei sollte man beachten, dass die letzten beiden Punkte vor allem Geschmacksfragen sind. Ihre niedrige Gewichtung betrachten wir daher mit Vorsicht: Zu oft hat sich vor allem in älteren Großwohnanlagen gezeigt, dass eine wenig ansprechende Gestaltung sehr wohl zu einer deutlichen Minderung sozialer Qualität beitragen kann.
5 – Sicherheit
Diese Kategorie wird insgesamt erst seit jüngerer Zeit angemessen gewürdigt. So besteht die Pflicht zur Installation von Rauchwarnmeldern erst seit gut zehn Jahren; smarte Technologien sind in privaten Wohngebäuden noch die Ausnahme. Die Studie listet dazu sechs Einzelfaktoren:
- Einbruchshemmende Wohnungstüren (67 %)
- Flächendeckende Außenbeleuchtung (50 %)
- Einsehbare Hauseingänge und Wohnungstüren (45 %)
- Briefkästen von außen zu beschicken, von innen zu leeren (39 %)
- Türsprechanlagen ohne oder mit Kamera (39 %)
- Smart-Living-Elemente (28 %)
Bei dem niedrigen Rang von Smart-Living-Elementen ist allerdings zu bedenken, dass die betreffenden Technologien sich rasant entwickeln. So könnten z. B. KI-gestützte Assistenzsysteme für Senior:innen schon in naher Zukunft deutlich mehr Bedeutung gewinnen.
Social Score mit hohem Nutzen
Die Ergebnisse der PwC-Studie erlauben fundierte Aussagen darüber, wie weit ein Objekt soziale Nachhaltigkeit erreicht. Damit lassen sich für Planung oder Kauf von Immobilien Vergleichswerte bestimmen, ein Risiko-Score ermitteln und für die Kommunikation nachprüfbare Qualitätsaussagen treffen. Dies gilt auch, wenn Sie zum Beispiel eine Transformation von Büro- in Wohnraum erwägen. Hier kann ein Social Score Ihre Entscheidungen erleichtern und im Anschluss helfen, Investoren oder die Öffentlichkeit zu überzeugen.
Quellen
- „Wohnen – die neue soziale Frage?“ – IW-Analysen 136, Forschungsberichte aus dem Institut der deutschen Wirtschaft, 2020
- „Mehrheit mit Wohnsituation zufrieden, aber beengte Wohnverhältnisse für Familien“ – DIW Wochenbericht 41, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e. V., Oktober 2024
- „Social Value in der Wohnungswirtschaft“ – PricewaterhouseCoopers GmbH, Juni 2023
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