Vom Micro-Living bis zum genossenschaftlichen Mehr-Generationen-Haus – Lebenswelten und Wohnvorstellungen haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich erweitert. Durch Entwicklungen wie eine mobile Gen‑Z, Gemeinschafts-Wohnen, Home-Office-Eignung oder zugewanderte Großfamilien sehen wir heute eine komplexe Nachfragelandschaft, für die Angebote „von der Stange“ allein nicht mehr reichen. Wie gerade leerstehende Büroflächen hier besondere Chancen bieten, hatten wir kürzlich geschildert. In diesem Valdivia Expertentipp wollen wir umreißen, wie Sie auch in der aktuell schwierigen Marktlage neue Vermarktungsansätze finden können.
Immobilien werden beweglich
Nachfrageorientierung und damit Vermarktungschancen beginnen dabei bereits beim Entwurf. Wege dazu beschreibt u..a. eine Trendstudie der Projektberater von Drees & Sommer1: Innovative Gebäude und smarte Quartiere einer neuen Generation werden vom Fundament an auf Wandlungsfähigkeit und vielseitige Nutzung ausgelegt. Der Schlüssel ist „Multi-Use“ – ob bei flexiblen Mobilitätshubs oder in neu genutzten Räumen. Ein Multi-Use-Gebäude ist nicht mehr für bestimmte Zwecke geplant, sondern primär auf Anpassungsfähigkeit ausgelegt. So kann es in Ausstattung und Vermarktung effizient und auch relativ kurzfristig auf aussichtsreiche Märkte ausgerichtet werden.
Multi-Use-Objekte und entsprechend geplante Quartiere eröffnen Spielräume für ein intelligentes Zielgruppen-Marketing. Mit den passenden Ausstattungen gewinnt das Objekt ein werbewirksames Profil und hebt sich von 08/15-Angeboten positiv ab – zum Beispiel durch
- barrierefreies Wohnen und beruhigte Treffpunkte für ältere Menschen,
- geschützte Spielplätze und ‑räume für junge Familien mit kleineren Kindern,
- abtrennbare Bereiche in Wohnräumen fürs Home-Office,
- Gemeinschaftsräume für Projekte, die kooperatives Wohnen anstreben – auch in Verbindung mit dem aktuellen Trend zum Micro-Living2,
- Verbindungen von Wohnen mit Werkstatt- oder Geschäftsräumen für Kleinstbetriebe.
Service als Teil des Produkts
Ansätze für ein zielgruppenorientiertes Marketing bietet besonders der Schnittpunkt zwischen Bauen und Nutzung. Den Ideen sind dabei wenig Grenzen gesetzt. So kann zum Beispiel ein eigenes Miet- oder Sharing-Angebot den E‑Rad- und E‑Scooter-Abstellraum ergänzen. Berufstätige Singles freuen sich über eine blockeigene Packstation für online georderte Waren. Sitzplätze direkt neben der Haustür sind seit jeher beliebte soziale Treffpunkte und damit auch ein bewährtes, leicht realisierbares Mittel gegen Einsamkeit.
Eine wichtige Rolle spielt die Digitalisierung. So zeigen Bernhard Steimel und Ingo Steinhaus in ihrem aktuellen MIND digital Trendbook3, wie sehr es in der heutigen Wettbewerbslandschaft auf digitalen Kundenservice als Erfolgsfaktor ankommt. Customer Experience, die Sicht des Kunden, ist unabdingbar geworden – und mit KI-Hilfe auf vielfältige Weise einfach realisierbar. Dabei geht es nicht nur um intelligente Energieversorgung oder Gebäudesicherheit. Auch die Mieter-App mit kunden- und zielgruppengerechter Beratung bis hin zu Lebenshilfen für den Alltag ist ein wichtiger Baustein.
Ein Objekt – verschiedene Zielgruppen
Um Objekt- und Wohnkonzepte an bestimmte Zielgruppen zu adressieren, sollte auch die Kommunikation in Stil und Medienauswahl darauf ausgerichtet sein. Dabei lassen sich für ein und dasselbe Objekt durchaus unterschiedliche Zielgruppen ansprechen.
Angebote zum Micro-Living für die Generation Z werden z. B. ausschließlich digital wahrgenommen. Schnell konsumierbar, unterhaltsam, informativ sollte die Darstellung sein1 – idealerweise angereichert mit Videos, Infografiken und Dialogangeboten. Über spezialisierte Social-Media-Auftritte, Newsletter und Landingpages mit passender Gestaltung und Inhalten erreichen Sie in ähnlicher Weise junge Familien, Home-Office-Worker oder Senioren.
Auch traditionelle Werbemedien erlauben die differenzierte Ansprache verschiedener Zielgruppen. Insbesondere kreative Print-Mailings haben wieder stark an Bedeutung gewonnen, seit Werbung fast nur noch auf Bildschirmen stattfindet. Sie bieten eine gezielte Adressauswahl und kreative Extras, die kein Online-Medium leistet – etwa Kräutersamen („ein Vorgeschmack auf Ihre grüne Oase“) oder Spezialpapiere („Zeit für einen Tapetenwechsel: So fühlt er sich an!“).
Entwürfe für den Erfolg
Ob aus dem Bestand oder für neue Projekte – Immobilien müssen auch in der aktuell schwierigen Lage vermarktet werden. Aktuelle Trends bieten dazu innovative Ansatzpunkte – kombiniert mit der alten Erkenntnis, dass ein zugespitztes Angebot im Umfeld immer heraussticht und mehr Interesse auf sich zieht. Vor allem intelligente Kombinationen aus baulicher Anlage und nutzerorientierten Services bieten Entwicklern, Bauherren und Investoren Chancen zu Profilierung und Vermarktung von Wohn- bzw. Multi-Use-Objekten. So profitieren Sie von einer Vielfalt an Wohnformen und Lebensentwürfen, die heute so breit ist wie nie zuvor in der Geschichte des modernen Wohnungsbaus.
Fußnoten
- „10 Zukunftsthesen für die Bau- und Immobilienwirtschaft“, Drees & Sommer 2023
- „Initiative Microliving“, 9. Marktreport, Bulwiengesa Frühjahr 2024
- „Trendbook Smarter Service“, E‑Book, MIND Digital 2024
(Bildquelle: Valdivia Consulting GmbH — generiert mit DALL‑E)