Wie behalten Sie die Nase vorn im „war for talents“? – Sie sind ein engagierter Arbeitgeber. Ihr Employer Branding passt. Dennoch scheinen Ihr Team nicht sehr enthusiastisch zu sein. Bewerber:innen bleiben aus. Der Rätsels Lösung: Ihnen fehlen Methoden, die Kraft auch auf die Straße zu bringen. Dazu ist mehr nötig als eine klassische Personalverwaltung. HR-Management braucht heute Denkweisen und Prozesse, die man aus Produktmanagement, Marketing, Verkauf und Kundenbindung kennt. In dieser Folge unserer Valdivia Employer Branding Reihe stellen wir Ihnen die wichtigsten Anknüpfungspunkte vor – und werben damit auch für eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit.
Anleihen bei Marketing & Sales
Modernes Recruiting nutzt heute dieselben Denkansätze, Instrumente und Medien wie das Produktmarketing. Einzelne Formen wie Social Recruiting haben wir in unserem Newsroom schon mehrfach vorgestellt. Die wichtigsten Parallelen im Überblick:
- Angebotsdarstellung
Stellenbeschreibungen brauchen viele ähnliche Merkmale wie ein Produktangebot, z. B. Benefits oder Vorteile gegenüber Wettbewerbern. Auch Content-Marketing hat seinen Platz: Via Corporate Blog und Social Media werden Unternehmen verständlicher und zugänglicher; potenzielle Interessenten werden motiviert, Kontakt zu halten.
- Zielgruppen
Wie bei Produktangeboten sollten Inhalte und Medien zu den gesuchten Bewerber:innen passen. Ein „One-fits-all“-Format für Stellenanzeigen spricht heute niemanden mehr an.
- Auftritt
Auch Gestaltung und Sprache sollten dem Zweck gerecht werden. Wenn Sie etwa ein positives Arbeitsklima versprechen, will man das schon beim Lesen spüren: „Schreib uns einfach. Wir freuen uns auf dich!“ statt „Wir erwarten Ihre aussagefähigen Unterlagen.“
- Abschluss
Aus dem Verkauf stammt der Gedanke, Interessenten mehrere Zugangswege zu anzubieten. Varianten zur klassischen Bewerbung sind z. B. formlose Kurzbewerbungen, Video-Interviews, Jobbörsen etc. Eine besondere Wirkung haben einzigartige Events, die gerade Bau- und Immobilienunternehmen mit ihren speziellen Mitteln realisieren können.
HR-Verantwortliche können – und sollten – also eindeutig von Marketing-Knowhow profitieren. Dies gilt auch für die Bestandspflege, wie der folgende Abschnitt zeigt.
Konzepte aus der Kundenbindung
„Retention ist das neue Recruiting“ liest man heute oft: Bereits Beschäftigte zu halten ist weit günstiger als neue zu suchen. Einen effektiven Ansatz zur Mitarbeiterbindung haben wir kürzlich vorgestellt. Wie aber lassen sich die Konzepte aus der Kundenkommunikation für diesen Zweck „übersetzen“? Hier einige Beispiele:
- Klassiker der analogen Welt
Das Aushangplakat am Schwarzen Brett, der Firmenevent oder die Mitarbeiterzeitung sind nach wie vor wichtige Instrumente1.
- Digitale Vernetzung
Intranet und Mitarbeiter-App bieten Möglichkeiten, die oft kaum ausgeschöpft werden. So lassen sich damit in der Belegschaft durch Gruppenfunktionen soziale Netze bilden, um z. B. Freizeit, Hobbys, Sport und E‑Sport gemeinsam zu organisieren.
- Medien und Inhalte
„Lebendige“ Bild- und Tonmedien sind besonders beliebt. Dies lässt sich auch zur Mitarbeiterbindung nutzen: Durch Podcasts, Videos und Webinare können sich Entscheider und Fachleute persönlich vorstellen und reizvolle Einblicke in ihre Aufgaben und Projekte geben.
Denken wie im Produktmanagement
Kann man Stellen wie Produkte behandeln und einfach neue „erfinden“, um im Markt attraktiver zu erscheinen? Zunächst scheint dies schwer vorstellbar. Meist sind Stellenprofile durch den Bedarf, berufliche Qualifikationen, eine Standesordnung oder einen gesetzlichen Rahmen festgeschrieben. Andererseits produziert die Digitalisierung neue Berufsbilder fast im Wochentakt wie aktuell den Prompt Engineer zur KI-Steuerung.
Innovative Elemente können aber auch klassische Stellen interessanter machen, z. B. durch neue bzw. erweiterte Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten. Ähnlich können bereichsübergreifende Aufgaben und Schnittstellenfunktionen ein inspirierendes Umfeld für das Arbeiten bieten. Vor allem agile Arbeitsmodelle sind dazu bestens geeignet.
HR & Marketing gemeinsam im Labor
Die Herausforderung ist klar: In Zeiten eines Arbeitnehmermarkts brauchen HR-Verantwortliche einen „Marketing-Sinn“, um Unternehmen die nötige Belegschaftsstärke zu sichern. Manche mögen dies heute bereits mitbringen. Wo dieser Sinn aber noch nicht vorhanden und Hilfe von außen zu teuer ist, kann eine interne Zusammenarbeit zu Lösungen führen – etwa indem Kolleg:innen aus dem Marketing die HR-Verantwortlichen coachen. Eine solche Zusammenarbeit kann auch gleich als Laborprojekt für weitere neue, interessante Arbeitsmodelle dienen.
1 „Employer Branding im B2B – Status Quo, Trends und Beispiele“, Vogel Communications Group 11/2022
(Bildquelle: istockphotos)