Was bedeutet Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung? Wie können Sie möglichst zukunftssicher handeln und Nachhaltigkeitsrisiken vermeiden? Und welche Rolle spielen dabei Digitalisierung und KI? Einige Voraussetzungen wie Sinnorientierung oder Authentizität haben wir bereits im Valdivia Newsroom beleuchtet. Gerade in der aktuell schwierigen Marktlage der Bau- und Immobilienwirtschaft möchten wir Ihren Blick mit diesem Beitrag in Richtung Zukunft lenken: In der Idee einer nachhaltigen Führung liegen viele Chancen und positive Impulse, aus denen sich frische Energie gewinnen lässt.
Nachhaltige Unternehmensführung: Verantwortung und Risiken im Blick
Die Zukunft des eigenen Unternehmens vorausschauend und langfristig zu sichern, war schon immer eine Kernaufgabe von Führungskräften. Heute tritt zunehmend ein weiterer Faktor daneben: die Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt. Nachhaltiges Handeln – und damit auch das Vermeiden von Nachhaltigkeitsrisiken – erfordert ein Umdenken. Ökonomischer Erfolg allein sichert das Fortbestehen nicht mehr; zu beachten ist nun auch die verträgliche Wechselwirkung mit dem gesellschaftlichen und physischen Umfeld.
Gut ablesen lässt sich diese Wechselwirkung an den Intentionen der Corporate Sustainability Reporting Directive CSRD der EU. Sie gilt vorerst nur für Großunternehmen und Kapitalgesellschaften, doch ihr Kerngedanke spricht alle an: Unternehmen sollen sich die sozialen und ökologischen Risiken bewusst machen, die mit ihrem Handeln verbunden sind. Dies können äußere Risiken sein wie der demografische oder der Klimawandel. Doch auch die Folgen des eigenen Handelns für Stakeholder, die Umwelt und die Gesellschaft sollen beachtet und reduziert werden.
Nachhaltige Führung: Realisierung in 6 „Gewerken“
- Ziele und Strategien
Zuerst das Fundament: Legen Sie – am besten gemeinsam mit Mitarbeitenden verschiedener Ebenen – die globale Sinnorientierung (Purpose), Zielsetzung (Vision) und Strategie (Mission) Ihres Unternehmens fest. Nachhaltigkeit sollte darin als Kernkriterium für alle Entscheidungen und Prozesse fest verankert sein.
- Transparenz und Teilhabe
Vertrauen zu wecken und zu geben, ist eines der wichtigsten Instrumente nachhaltiger Führung. Am besten erreichen Sie dies durch einen offenen Umgang mit Ihren Zielen und Plänen. Dazu sollten Sie im Rahmen des Möglichen alle Stakeholder einzubeziehen – auch Shareholder, Kund:innen, freie Mitarbeitende und gegebenenfalls die Öffentlichkeit. Neben Runden Tischen und Arbeitsgruppen bieten sich für eine effiziente Umsetzung Online-Panels und ‑Befragungen an.
- Vorteile und Anreize
Nachhaltigkeit nutzt am Ende allen, doch die Transformation dazu trifft oft auf Vorbehalte. Der beste Weg ist es daher, die angestrebten Vorteile möglichst anschaulich hervorzuheben und positive Anreize zu schaffen; die unter 2. erwähnte Beteiligung kann zum Beispiel ein solcher Anreiz sein. Auf einen wichtigen Punkt weist eine aktuelle Deloitte-Studie1 hin: Wirksame Motivation berücksichtigt individuelle Vorstellungen und Wünsche ein. Die Studie empfiehlt datenbasierte Analysen, um zu verstehen, was die Menschen wirklich bewegt, und die Auswahl der Anreize darauf auszurichten.
- Mensch und Arbeit
Ein Baustein zur Nachhaltigkeit ist die Stabilität der Beschäftigung – etwas, das laut einer iwd-Studie für 96 % der Mitarbeitenden an erster Stelle steht2. Gleichzeitig ist heute Flexibilität gefragt: Fest vorgezeichnete Jobprofile und Karrierepfade reichen nicht mehr aus. Stattdessen empfiehlt die Deloitte-Studie dynamische Teams und individuelle Arbeitsmodelle auf Basis persönlicher Stärken – ein Ansatz, den sich auch 92 % der Mitarbeitenden wünschen2. Mögliche Umsetzungen reichen von New-Work-Modellen über Fortbildungsangebote bis zur Entschlackung von Arbeitsprozessen, um Freiräume für Kreativität und Produktivität zu schaffen.
- Umwelt und Klima
Umweltverträglichkeit und Klimaschutz verbessern auch Ihre Chancen im Arbeitsmarkt: Gemäß einer aktuellen Befragung der ManpowerGroup bevorzugen heute bereits 60 % der Arbeitnehmenden Unternehmen mit positivem Umweltprofil, in der jüngeren „Generation Z“ sogar 75 %3. Beginnen Sie mit Ideen, die leicht umzusetzen sind und schnell deutliche Effekte erzielen – zum Beispiel ÖPNV-Tickets und Dienstfahrräder, Baustoffe und Handwerksbetriebe aus der Region oder Recycling-Möbel fürs Staging Ihrer Verkaufsobjekte. Rasche, positive Veränderungen sind eine Erfahrung, die nachhaltig motiviert.
- Ressourcen und Controlling
Nachhaltigkeitstransformation scheitert häufiger am fehlenden Budget als am guten Willen. Nachhaltige Führung sollte ihre Projekte weniger an großen Anfangsschritten ausrichten, sondern lieber kleiner, aber in den Folgekosten solide finanziert aufsetzen. Schließlich gehört auch Kontrolle dazu: Reportings helfen, den Fortschritt quantifizierbarer Maßnahmen zu überprüfen. Befragungen der Mitarbeitenden zeigen, ob Anreize wirklich ankommen. Durch Marktforschung prüfen Sie, ob Ihre Nachhaltigkeitsstrategie glaubwürdig und zielgerecht wirkt.
Nachhaltigkeit und Digitalisierung: gemeinsam am stärksten
In vielen Unternehmen steht neben der Nachhaltigkeit auch die Digitalisierung auf der Tagesordnung. Darin liegt jedoch keine Konkurrenz. Vielmehr ist die digitale Transformation bestens geeignet, nachhaltiges Handeln zu begleiten und zu stärken. Vor allem mit Hilfe Künstlicher Intelligenz können beide Transformationsprozesse gemeinsam optimal gestaltet werden.
Nachhaltige Führung sollte beim Einsatz von KI immer auch die Perspektive der Mitarbeitenden beachten. Durch eine transparente Vorgehensweise, offene Testzugänge und spannende Leuchtturmprojekte lässt sich die Akzeptanz von KI stärken und der Angst vor Jobverlusten begegnen. Als Grundlage könnte die Festschreibung einer „Human Value Proposition“ dienen – ein Leitsatz, der den KI-Einsatz im Unternehmen darauf festlegt, den Mitarbeitenden mehr Freiräume und Möglichkeiten für sinnstiftende Tätigkeiten zu verschaffen.
Nachhaltig führen: Führung in die Zukunft
Unternehmensführung muss heute in einem Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Anforderungen, technologischer Transformation und den Erwartungen der Mitarbeitenden navigieren. Die Deloitte-Studie zeigt jedoch: Unternehmen sind langfristig erfolgreicher, wenn sie die Herausforderungen aktiv annehmen und Spannungen gezielt ausbalancieren – also
- Stabilität bieten, ohne auf Agilität und Innovation zu verzichten;
- Mitarbeitenden so viel Autonomie zu gewähren, wie sie für ihre Produktivität brauchen;
- Ansatzpunkte identifizieren, wo KI die Mitarbeitenden entlasten und wo sie ihre Möglichkeiten erweitern soll.
Nachhaltig zu führen bedeutet heute aber auch zurückzutreten. Denn gefragt ist nicht mehr der klassische Alleinentscheider und Aufseher, sondern eine Führung, die unterstützt, entwickelt und vertraut. Dies bedingt ein tiefes Verständnis dafür, wie wirtschaftliche und menschliche Faktoren miteinander verwoben sind. Zukunftsfähige, nachhaltige Führung heißt also, Technologie, Organisation und menschliche Potenziale so zu verbinden, dass daraus ein langfristig tragfähiges Fundament entsteht – für Unternehmen, Gesellschaft und Umwelt.
Quellen
- „Human Capital Trends 2025 – Turning Tensions into Triumphs: Helping Leaders Transform Uncertainty into Opportunity“, Deloitte, März 2025
- „Was Arbeitgeber attraktiv macht“, Institut der deutschen Wirtschaft iwd, Oktober 2024
- „A People First Green Business Transformation“, ManpowerGroup Report, August 2024
(Bildquelle: istockphotos)