Lebenswert, klimafreundlich, sozial verantwortlich und zukunftsorientiert geführt – moderne Unternehmen tun heute oft schon mehr, als nur mit wenigen Einzelmaßnahmen Umweltbewusstsein zu demonstrieren. Das ist auch gut so. Nachhaltigkeit ist in den Köpfen angekommen. Nur wird vielerorts noch um die besten Lösungen gerungen. Vor allem ein nachhaltiges Führungshandeln bereitet oft Mühe – also der ESG-Faktor Governance1. Valdivia Zukunft stellt Ihnen in loser Reihe neue und ungewöhnliche Denkansätze zu diesem Thema vor – wie den CEO-Day oder die Pac-Man-Strategie. Einen globalen Ansatz dazu beschreibt Deloitte im aktuellen „Global Human Capital Trends Report“2: Unternehmen sollten für ihr gesamtes „soziale Ökosystem“ nachhaltiger planen und handeln – also nicht nur mit und für die eigene Belegschaft, sondern gemeinsam mit allen und für alle, die mit ihnen in Beziehung stehen.
Gut gemeinte Einzelmaßnahmen reichen nicht
Viele Unternehmen, so der Deloitte-Report, beschränken zum Beispiel Geschäftsreisen oder verwenden nachhaltiges Arbeitsmaterial. Dies macht jedoch weder die Personalstrategie noch die Organisation der Arbeit selbst nachhaltiger. Anzeichen für ein Defizit sind z. B. zunehmende Fragen aus der Belegschaft, von Aktionären, Aufsichtsbehörden oder Akteuren aus Medien und Politik zu den Arbeitsbedingungen, der sozialen Haltung oder den konkreten Nachhaltigkeitsmaßnahmen eines Unternehmens.
Ein erster Schritt zur Lösung ist es, das verbreitete „Silodenken“ zu überwinden: Auf Menschen ausgerichtete Arbeitsbereiche und Strategien wie z. B. Personalmarketing, Gesundheitsmanagement, soziale Projekte im Umfeld etc. sollten gemeinsam betrachtet werden. Dabei hilft es, sich auch die Hindernisse bewusst zu machen, die bestehen könnten – laut Deloitte neben fehlenden Ressourcen und äußeren Beschränkungen (Konzernregeln, Gesetze, Vorschriften) vor allem eine zu unbewegliche Unternehmenskultur mit zu langsamen Prozessen und verwickelten Entscheidungsstrukturen.
Ansätze zu mehr Nachhaltigkeit im sozialen Ökosystem
Nachhaltigkeitskompetenz beschränkt sich heute oft noch auf rein technische Umweltfragen wie z. B. die CO2-Reduktion. Für das soziale Ökosystem werden hingegen „Soft Skills“ benötigt, Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen und ein grenzüberschreitendes Denken. Profitieren sollten davon im Idealfall alle Protagonisten des sozialen Ökosystems – neben den eigenen, fest angestellten auch freiberuflich Mitarbeitende sowie Zulieferer und Gemeinden im Standortumfeld.
Ein sehr früher Ansatz zur Fakturierung sozialer Ökosysteme war der Skandia Navigator3. Die Skandia ist ein schwedischer Finanzdienstleister und Versicherungskonzern. Der Navigator wurde schon 1994 als ein System zur Wertbestimmung des intellektuellen „Kapitals“ eines Unternehmens entwickelt. Zwar berücksichtigt er nur die festangestellte Belegschaft. Doch einige Parameter trugen von Anfang an Merkmale eines personellen Nachhaltigkeitskonzepts. So erlaubt der Navigator die Bestimmung der Fähigkeit einer Organisation, sich strategisch zu erneuern, Chancen zu erkennen und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu erhalten.
Ein neueres Beispiel bietet das Modeunternehmen Everlane: Dort werden regelmäßig nicht nur eigene Maßnahmen überprüft, sondern auch die Arbeitsbedingungen, Löhne und Schulungen der Zulieferer. Ungewöhnlich das Vorgehen des Hilton Hotelkonzerns, wo man nach der Pandemie gezielt Geflohene und von kriminellen Schleppern geschädigte Personen suchte und einstellte.
Ein ganzheitliches Modell für Ihr soziales Ökosystem
Der Human Capital Trend Report umreißt drei Lösungsschritte, wie Unternehmen die Nachhaltigkeit in ihrem sozialen Ökosystem absichern und steigern können:
- Gute, aufrichtige Kommunikation
Unternehmensführung und auch das mittlere Management sollten Ziele und Maßnahmen zur Nachhaltigkeit gebündelt nach Innen und Außen kommunizieren. Dazu gehört auch ein aufrichtiger Fortschrittsbericht. Ebenfalls als sinnvoll empfohlen werden Schulungen zu relevanten Nachhaltigkeitsthemen für die Mitarbeitenden sowie ein einfühlsames Change-Management, wenn neue, der Nachhaltigkeit geschuldete Technologien und Prozessen eingeführt werden.
- Kooperative Beteiligung aller Stakeholder
Für den zweiten Schritt empfiehlt Deloitte ein bewusst kooperatives Vorgehen: Neue Strategien zur Nachhaltigkeit sollten gemeinsam mit möglichst vielen Beteiligten im sozialen Ökosystem entwickelt werden, auch von außerhalb des Unternehmens. Inhaltlich kann es dabei um ökologische Themen gehen, um soziale Programme und um Gesundheit, Sicherheit und Wohlbefinden der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz oder in New-Work-Modellen (Home/Remote-Arbeit etc.).
- Vorausschauende Planung
Ferner empfiehlt Deloitte eine zukunftsfeste Personalstrategie: Absehbaren Veränderungen kann man begegnen, indem man Mitarbeitende so früh wie möglich fortbildet. Neu eingestellte Kräfte sollten idealerweise entsprechende Fähigkeiten bereits mitbringen. Und schließlich können vorbereitete Notfallprogramme helfen, auf unvorhergesehene Entwicklungen so zeitnah wie möglich zu reagieren.
Dies alles gemeinsam klingt nach einigem Aufwand, doch es lohnt sich: Laut Deloitte erzielen Unternehmen mit einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie sehr wahrscheinlich auch Erfolge bei Mitarbeitenden und Geschäftsergebnissen.
1 aus ESG für „environmental, social, governance“ (Umwelt, Soziales, Führung) – die Bereiche, in denen Unternehmen die 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedeten 17 Nachhaltigkeitsziele umsetzen.
2 „New fundamentals for a boundaryless world“ – 2023 Global Human Capital Trends Report: download
3 Ein der Balanced Scorecard (BSC) ähnliches Instrument zu Bewertung und Management von Wissenskapital bzw. Intellektuellem Kapital: mehr dazu — aus eigener Marktkenntnis