Expo Real 2024 — der Valdivia Rückblick
Erfahren Sie hier, wie Valdivia die diesjährige Expo Real erlebt hat!
Von Anthony Baumruk, Partner bei Valdivia Consulting GmbH.
Neue Anforderungen an Führungskräfte in der Immobilienwirtschaft
Veränderung birgt Chancen. Nur wenige Branchen unterlaufen aktuell einen solchen Wandel wie die deutsche Immobilienwirtschaft. Investoren, Bauunternehmen, Dienstleister und viele weitere kommen immer mehr unter Druck. Die Anhebung des Leitzinses, die Folgen der neuen geopolitischen Lage in Europa, zukunftsträchtige und belastbare ESG-Strategien (Environmental, Social and Governance — Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) und digitale Transformationen innerhalb der Organisationen sind nur einige der Herausforderungen, denen sich die Branche und das dazugehörige Senior-Management in den nächsten Jahren stellen müssen. Hierbei können erfolgreiche Führungskräfte neue Impulse setzen und die Branche in ein neues Zeitalter führen.
Die Fakten sprechen für sich: Die Immobilienbranche besitzt eine hohe gesamtwirtschaftliche Bedeutung in Deutschland. Laut offiziellen Statistiken gibt es etwa 42 Millionen Haushalte, 489 großflächige Einkaufszentren und mehr als 323 700 Büro- und Verwaltungsgebäude. Mit mehr als 645 Milliarden Euro trug die Immobilienwirtschaft im Jahr 2021 rund 20 Prozent zur gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland bei. Der Gebäudesektor verursachte ein Drittel des deutschen CO2-Ausstoßes.
Die Immobilienbranche im weitesten Sinne und ihre Entscheider in den Führungsetagen der Unternehmen besitzen dementsprechend viel wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Verantwortung. In den nächsten Jahren wird der Markt Führungskräfte bevorzugen, die zum einen ein tiefes operatives Wissen verschiedenster Kernbereiche abbilden können und gleichzeitig über weitreichende Führungserfahrung und ‑qualitäten verfügen. Zum anderen müssen diese Führungskräfte auch Erfahrung im Aufbau und in der Leitung nachhaltiger Unternehmensprozesse besitzen. Generalisten und Spezialisten zugleich — etablierte Führungskräfte genauso wie die Vertreter der neuen Generation. Eine Form des “Hybriden Managers” ist gefragt.
Vorstände und Geschäftsführer werden immer mehr zu dynamischen und interdisziplinären Projektmanagern, die sich täglich mit detaillierten Einzelthemen und zugleich mit weitreichenden Managementthemen auseinandersetzen müssen. Manager, die ihr Unternehmen im Detail kennen, können in der aktuellen Marktphase auch schneller unternehmerische Chancen und Risiken einschätzen und zum Beispiel entscheiden, ob Baukostenentwicklung oder Energiepreise für ihr Unternehmen ein wirkliches beziehungsweise relevantes Risiko darstellen. Erfolgreiche Managerinnen und Manager sollten sich also bei relevanten Prozessen schnell und präzise involvieren und gleichzeitig auch viele Themen delegieren, dabei jedoch stets ein grundlegendes Verständnis hinsichtlich der delegierten Prozesse haben.
Zwei maßgebliche Trends, welche die Branche langfristig beeinflussen werden, sind zum einen die Digitalisierungsentwicklung in Unternehmen, zum andern die neuen ESG-Richtlinien. Digitale Investmenttools, E‑Bilanzen, Building Information Modeling (BIM) sind essenziell, damit Führungskräfte informiert Entscheidungen treffen können und gleichzeitig alle Stakeholder ein transparentes Bild des Unternehmens erhalten. Auch die Einbringung digitaler DNA ist vonnöten. Um Letztgenannte konkurriert die Branche mit Unternehmen, die einen höheren Digitalisierungsgrad ausweisen — und das global. Des Weiteren müssen Vorstände viele Entscheidungen bei Investment- und Assetmanagementprozessen hinsichtlich Nachhaltigkeitsstandards bewerten. ESG-Scoring beziehungsweise ESG-Compliance sind ein vergleichsweise neues Feld, bei dem Wissen und Kompetenzen in der ersten Führungsebene vorhanden sein müssen.
Neben einem sehr flexiblen, auf Integration abzielenden Führungsstil sollten Führungskräfte Qualitäten einbringen, die ihre Mitarbeiter erfolgreich durch diese herausfordernden Zeiten, jetzt und auch in Zukunft, navigieren. Essenziell sind eine klare, transparente, realistisch ausgelegte Kommunikation — sei es auf der “Baustelle” oder auch “remote” — und ein hohes Maß an Empathie, um Personal zu führen und vor allem auch zu halten. Angestellte müssen sich mit Themen wie der digitalen Transformation oder auch politischen Veränderungen genauso auseinandersetzen wie ihre Vorgesetzten.
Erfolgreiche Führungskräfte in der Immobilienbranche entwickeln sich ergo stetig weiter, lernen dazu, verstehen Megatrends der Zukunft wie Digitalisierung oder ESG und können abschätzen, wie diese Themen ihr Unternehmen beeinflussen. Sie involvieren sich mit einem hohen Maß an Erfahrung und Selbstsicherheit gleichzeitig in verschiedene Projekte. Als Hybridantrieb können sie so dem neuen Zeitalter gerecht werden. Krisenerprobte, lösungsorientierte Manager mit einem hohen Maß an Kreativität und Resilienz und dem Blick für die Zukunft sind hier klar im Vorteil.
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