Mit der Polarstern sind wir Ende vergangenen Jahres gleichsam aufgebrochen, uns noch stärker als zuvor für Erforschung und Schutz der Weltmeere zu engagieren. Nun ist das Flaggschiff des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) nach mehrmonatiger Forschungsfahrt wohlbehalten zurück aus den antarktischen Gewässern. Im Valdivia Newsroom blicken wir mit diesem Beitrag auf die Arbeit der Expedition – und auf eine wichtige Entscheidung für die Zukunft der deutschen Polarforschung.
Auf Expedition im Weddellmeer
Die jüngste Expedition des Forschungsschiffs Polarstern stand wieder ganz im Zeichen der Ozean- und Klimaforschung. Im Weddellmeer wurden Daten gesammelt, die helfen sollen, den Einfluss der Polarzone und des Meereises auf globale Meeresströmungen und das Klima besser zu verstehen. Eine weitere Aufgabe war die Versorgung der deutschen Antarktis-Station Neumayer III, die zu den knapp 30 ganzjährig besetzten Forschungseinrichtungen auf dem 6. Kontinent zählt.
Klimafaktoren im Mittelpunkt
Ein zentraler Forschungsgegenstand waren die Wechselwirkungen zwischen Ozean, Meereis und Atmosphäre. Auf dem Meereis wurden dazu Bohrkerne gezogen und Schneeproben untersucht. Parallel dazu stattete ein Forschungsteam Weddellrobben mit Satellitensendern aus, um Erkenntnisse über ihr Tauchverhalten und die hydrographischen Bedingungen unter dem Eis zu erhalten.
Zum Einsatz kamen ferner die autonomen Argo-Flöße, die über Jahre hinweg mit der Strömung treiben und gleichzeitig Tiefenprofile erstellen. 41 Flöße und 27 fest verankerte Messbojen wurden ausgebracht; 33 ausgediente Bojen konnten eingeholt werden. Auch die Beschaffenheit des Wassers selbst war Ziel von Untersuchungen. Sogenannte CTD-Sonden (Conductivity, Temperature, Depth) analysierten Wassersäulen bis in 5000 Meter Tiefe. Dabei maßen sie 135 mal neben Temperatur und Leitfähigkeit auch Werte wie Fluoreszenz, Sauerstoff- und Salzgehalt.
Topographie und Leben in der Tiefe
Eine weitere Aufgabe der Expedition war die Vermessung des Meeresbodens. Dazu wurden während der Fahrt durch Sonar kontinuierlich Daten aufgezeichnet – schwerpunktmäßig in einem Gebiet des südlichen Weddellmeers, das etwa die anderthalbfache Fläche Bremens umfasst. Dabei kam auch ein einzigartiges Messgerät zum Einsatz: das OFOBS (Ocean Floor Observation and Bathymetry System). Es schwebt knapp über dem Meeresboden und macht dabei Foto- und Videoaufnahmen. So ermöglicht es den Wissenschaftler:innen Einblicke in die exotische Lebenswelt in den untersten Metern der Wassersäule und kann zusätzlich die Topografie hochauflösend vermessen. Fast wie „unsere“ Valdivia vor 125 Jahren war das OFOBS auch mit einem Fischnetz ausgestattet und half so, die isoliert lebenden Eisfische und ihre Brutnester weiter zu erforschen.
Ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft
Seit Anfang des Jahres arbeitet man bei thyssenkrupp Marine Systems in Wismar daran, die Nachfolgerin der aktuellen Polarstern zu entwerfen. Damit kann das Alfred-Wegener-Institut nun mit Zuversicht auf die Fortsetzung seiner wertvollen Arbeit und die internationale Erforschung besonders der polaren Vereisung blicken. Bereits im Dezember 2024 hatten das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der Auftragsvergabe zugestimmt. Im Februar informierte sich dann der damalige Bundesforschungsminister Cem Özdemir persönlich über den Neubau, das für den Forschungsstandort Deutschland und den Klimaschutz Maßstäbe setzt – zum Beispiel mit grünem Methanol als möglichem Treibstoff.
Ein neuer „Leitstern“ für die Polar- und Meeresforschung
„Wir freuen uns riesig, dass der Bau (…) nun beginnen kann“, sagte AWI-Direktorin Prof. Dr. Antje Boetius. „Was im Ozean und den Polarregionen passiert, betrifft die gesamte Menschheit. Der Ozean ist überlebenswichtig durch seine Funktion als Wärme- und Kohlenstoffspeicher. Er ist voll von faszinierendem Leben, das es zu schützen gilt. Meere und Küsten ernähren uns, sind Erholungsgebiete, liefern regenerative Energien und Materialien und eröffnen globale Transportwege.“
Die neue Polarstern ist als schwimmende Forschungsplattform konzipiert, die auf ein breites Spektrum meereswissenschaftlicher Disziplinen eingerichtet ist – von der Geologie und Geophysik über die Meeresbiologie und Ozeanographie bis hin zur Meereis- und Atmosphärenforschung. Etwa 60 wissenschaftliche Expeditionsteilnehmende und 50 Crewmitglieder werden auf dem knapp 160 Meter langen und 27 Meter breiten Neubau Platz finden. Neben verschiedenen Labors und fest installierten Forschungsgeräten wird die Polarstern II auch mobile Systeme wie Unterwasser- und Flugdrohnen mit sich führen.
Valdivia und das Meer – eine tiefgründige Verbindung
Tiefgang in der Leistung, Leidenschaft fürs Meer – so fanden wir unseren Namen Valdivia. Denn „Valdivia“ hieß das erste deutsche Forschungsschiff, das 1898 zu einer systematischen Erkundung der Tiefsee aufbrach. Diese Verbindung motiviert uns, die Erforschung und den Schutz der Meere auch praktisch zu unterstützen: als Förderer des Alfred-Wegener-Instituts und des Projekts „One Earth One Ocean“ zur maritimen Müllentsorgung.
(Bldquelle: AWI)